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- ...das neunte Jahr... - zweiter
Teil
Liebe KiD-Freunde, Hallo!
Draußen steht der Nebel zwischen den Häusern und zeichnet ein leicht verschwommenes Bild von allem, wie durch eine ungeputzte Brille. Ein neuer KiD-Bericht soll an Sie alle raus, denn der letzte liegt schon neun Monate zurück. Um den Faden wieder aufzunehmen, holen wir den letzten Brief noch einmal hervor: was haben wir schon berichtet, was gibt es Neues? Wenn man das ganze Jahr über mit KiD beschäftigt ist, dann werden Veränderungen sofort zur Realität. Eine Realität aber, die Sie ja noch gar nicht kennen können. Und gerade das ist uns doch so wichtig - Sie bei allem "mitzunehmen".
Apropos mitnehmen: Wenn Sie sich jetzt vorstellen, bei diesem grauen Wetter eine schöne Reise auf den sonnigen schwarzen Kontinent zu unternehmen, dann können wir nur raten: Regenzeug nicht vergessen! Tja, denn bei der Reise, die ein Teil des KiD-Teams Anfang Oktober nach Kenia unternahm, regnete es fast ununterbrochen, oder besser - es goss in Strömen! An vielen Orten war es schon fast zu viel des Guten.
Da taucht bei manchen von Ihnen sicher die Frage auf, wie es denn in Kenia mit der Dürre aussieht, vor der so viele Menschen auch aus Äthiopien, Somalia und Dschibuti fliehen. Die Dürreperiode hält nach wie vor an. Aber sie betrifft neben dem Norden Kenias hauptsächlich die Staaten, die nördlich von Kenia liegen. Für den Teil Kenias, wo der Kindergarten beheimatet ist, trifft es - und dafür sind wir herzlich dankbar! - nicht zu.
Dennoch sind die Auswirkungen auch dort spürbar. Die Lebensmittelpreise sind drastisch gestiegen. Bereits im Mai dieses Jahres berichtete uns Edward von Preissteigerungen um 30 - 55%. Kostete ein Kilo Bohnen z.B. bisher 50 Kenia-Shillinge, so waren es da schon 80. Und das Gleiche gilt auch z.B. für Diesel: statt 73 KES müssen nun 105 KES für den Liter "hingeblättert" werden.
Einen Teil der Teuerung können wir ja zum Glück durch unseren "Selbstanbau" auffangen. Und damit wären wir schon gleich bei der ersten "Neuigkeit". Aber vorab noch eine Bemerkung: Ist es nicht einfach toll erleben zu dürfen, dass wir alle, auch Sie mit Ihrer vorbehaltlosen Unterstützung, mit dem Landkauf zum Eigenanbau genau richtig lagen? Wenn auch die Umstände, die uns das jetzt vor Augen führen, sehr tragisch sind?!!
Und jetzt zu der Neuigkeit: Da genau neben unserem "Gartengrundstück" ein Stück Land, etwas kleiner als das erste, zum Verkauf stand, haben wir zugeschlagen. Die Anbaufläche für den Kindergarten ist nun fast doppelt so groß wie bisher. Und da unser Gärtner nach wie vor gute Arbeit leistet und wir ja auch durch den "Grundstücksvermittler" und Freund von KiD, Hamisi, kostenlos mit Süßwasser beliefert werden, ist dieser Kauf eine weitere Investition in die sichere Zukunft unserer Kinder.
Während wir vor Ort waren, wurde uns beim Essen immer stolz berichtet, was vom eigenen Grund und Boden stammte: Nahrhafte Bananen, frische Paprika und Tomaten, Mais(brei), und das Lieblingsgemüse vieler Kinder: "Scuma" - Spinat
J.
Was das Essen anging, gestaltete es sich dieses Mal etwas schwierig. Nein, keine Angst, der Essplatz ist noch völlig ok und es liegen auch keine neuen Bauverordnungen dafür vor. Aber es goss an manchen Tagen einfach so heftig, dass die Lehrer es nicht verantworten wollten, besonders die ganz Kleinen mit den Tellern dorthin laufen zu lassen. Der Regen rauschte über die Wege und sie hatten Sorge, dass etwas passiert. So aßen die Kinder zwar im Freien, aber unter dem Vordach der Unterrichtsräume. Die Stühle waren in Reih und Glied an der Wand aufgereiht und die Lehrer standen in Mäntel gehüllt davor, vorne trocken - hinten nass, und hielten "Wache". Liebevoller, verantwortungsbewusster "Körper"-Einsatz unserer Mitarbeiter vor Ort. Dieses Bild war wirklich sehenswert!
Wenn das Wetter es zuließ, waren die Kinder in den Pausen aber sofort wieder außer Rand und Band. Fußballspielen ist nach wie vor der Hit bei den Jungs, die Schaukel ist da eher der Favorit der Mädchen. Und gespielt wird alles, was Kinder bei uns auch spielen: Fangen, Verstecken, im Sand buddeln etc. Schrammen werde verarztet und Tränen liebevoll getrocknet. Unser Kindergarten-Team dort ist nach wie vor mit ganzem Herzen und Verstand bei der Sache.
Während der Regen auf die Dächer prasselte, hatten wir auch Zeit, uns der Buchhaltung, den Lehrplänen, und im Gespräch mit den Mitarbeitern deren Sorgen, Plänen und Anregungen zu widmen. Was die Lehrpläne angeht, haben unsere Kinder einfach absolut die Nase vorn. Anders kann man es nicht ausdrücken. Schon die Kleinsten (aus KG1) bestechen durch ihr Wissen, liebevoll vermittelt durch Lehrerin Miriam. Über das "Englisch reden" oder Zählen und Rechnen bis 100 bei den etwas Größeren (KG2) braucht man schon fast nichts mehr zu sagen. Für die nach wie vor sehr souveräne Lehrerin Agnes ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Kinder das beherrschen, wenn sie in die Schule kommen.
Kommen wir zum Thema Buchhaltung. - Wie? Sie vermissen an dieser Stelle noch den Bericht über die "Testschule", die wir im letzten Brief erwähnten? Warten Sie es ab, es lohnt sich
JJ.
Also die Buchhaltung: Da war alles in bester Ordnung. Manager Joshua und Edward zeigten uns besonders stolz die Einnahmebelege von den zahlenden Eltern. Und die werden immer mehr. Nach wie vor ist es ja das erklärte Ziel, dass KiD e.V. einmal auf eigenen Beinen steht.
Einziges "Sorgenkind" ist in sehr absehbarer Zukunft der Bus. Er wird nicht mehr zu retten sein, wenn wir unsere Kinder auch weiterhin sicher transportieren wollen. War er schon beim Kauf nicht mehr der Jüngste, nagt nun nicht nur der Zahn der Zeit, sondern besonders der Rost, begünstigt durch das dortige Klima, an eigentlich allen Teilen.
Auch die eingangs erwähnte drastische Preissteigerung war ein Thema. Diese wird zum Einen etwas durch den Eigenanbau abgefangen, zum Anderen durch den zur Zeit für uns relativ günstigen Kurs des Keniashillings.
Und was ist mit der "Testschule", fragen Sie sich? Läuft es rund "trotz" der Testschule?
Ja! Joshua und Edward in Zusammenarbeit mit dem ganzen Team haben es hinbekommen, dass das Projekt "Testschule" die letzten Monate lief, ohne dass es dem Kindergarten an etwas fehlte. D.h., sie haben genügend Eltern gefunden, die bereit und in der Lage sind, für eine gute Schulausbildung zu zahlen!
Und da Sie uns ja nun schon eine Weile kennen, ahnen Sie jetzt bestimmt auch, dass das noch nicht alles war. Richtig! Sie kennen uns eben schon ganz gut - und sich wohl auch. Denn - nach dem letzten Brief, in dem wir mitteilten, das Projekt "Schule" doch mal wagen zu wollen, waren Sie schon viel weiter. Konnten wir beim Start des Projektes das "Kribbeln" noch nicht als "Freude" oder als "Angst vor der eigenen Courage" einordnen - Sie schienen es zu können: das "Kribbeln" deuteten Sie als "das Gespür für den richtigen Weg" und spendeten schon mal , wie es schien, vorab, ganz selbstverständlich, als wäre eine eigene Schule längst beschlossene Sache!!!
Mit jeder zusätzlichen Spende wurde uns mehr und mehr bewusst: Sie waren viel weiter als wir in Ihrem Vertrauen. Sie schienen schon zu wissen, dass alles gut laufen würde, sich alle riesig anstrengen werden, dass der "Testlauf" keiner bleibt. Haben Sie eigentlich auch nur im Geringsten eine Ahnung davon, was das für uns bedeutet? Nicht genug, dass Sie bisher hinterher immer unsere Entscheidungen mitgetragen haben, nein, jetzt geben Sie Vertrauensvorschuss., sind "da". Wir brauchen Sie nicht erst zu "rufen". Nein, wir glauben nicht, dass Sie wissen, was uns das bedeutet!!
Durch so viele Spenden Einzelner, von Gruppen und nicht zuletzt eine sehr großzügige Zuwendung von "NAK karitativ" ist es nun tatsächlich möglich, eine eigene Schule zu gründen. Nicht nur, eine Schule zu gründen, sondern diese auch in einem eigenen Gebäude unterzubringen!!
Na, hat sich das "Warten" gelohnt? Aber Sie wussten es ja eigentlich schon.
Wie sagt man für so eine Entwicklung, so ein Vertrauen, so eine Spendenbereitschaft - zum Teil Monat für Monat - wie sagt man da "Danke"? Welches neue Wort könnte man benutzen, erfinden?
Ohne Worte muss es gehen; das "Erreichte" spricht für sich: Glückliche, satte, gebildete Kinder, betreut von verantwortungsbewussten (nicht wasserscheuen
J) Mitarbeitern, viele Unterstützer vor Ort, wohlwollende Behördenvertreter, wachsendes Gemüse…
Können Sie sich vorstellen, was das für ein Gefühl war, in den Flieger zu steigen, Ihren "Vertrauensvorschuss" im Gepäck, noch nicht wirklich wissend, ob der sich auch rechtfertigen lassen würde?
Die Zweifel lösten sich schnell auf. Wir waren dankbar und glücklich und - gingen an die Arbeit. Und da Sie ja schon so oft mit uns in Kenia waren, wissen Sie auch jetzt was kommt: Antragsformulare, Behördenstempel, Kostenvoranschläge besorgen, Richtlinien und Gesetze studieren und befolgen, Ämter besuchen, Zuständigkeiten klären… und das alles in der Zeit unseres Aufenthaltes und bei dem Wetter!
Wie Sie sich denken können, liefen aber bei der Aussicht auf eine eigene Schule gleich neben dem Kindergarten alle zu wahren Höchstformen auf. Wir auch. Ein Bauzeichner konnte gefunden werden, der unsere Vorstellungen von einem zweistöckigen Haus mit unten und oben je zwei Klassenräumen umsetzte. Arbeiter wurden eingestellt, die noch während wir dort waren bereits anfingen, den harten Korallenboden nur mit Eisenstangen für das Fundament "auszudiggern", und Auflagen wurden geprüft. Dabei mussten wir feststellen, dass sich die Bauvorschriften sehr verschärft haben. Das ist wohl auf Hauseinstürze in der Hauptstadt Nairobi zurück zu führen, wo man es wahrscheinlich mit Auflagen und Material nicht so genau genommen hatte.
So muss nun während der ganzen Bauphase ein Bauleiter vor Ort sein, und jeder einzelne Bauabschnitt muss abgenommen und auch als solcher bescheinigt (und bezahlt) werden. Aber es dient der Sicherheit unserer Kinder.
Das Grundstück ist da und groß genug, Strom und Wasser sind vorhanden, und bereits im Januar 2012 sollen die unteren beiden Klassenräume soweit fertig sein, dass die Kinder dort unterrichtet werden können. Die jetzige 1. (Test)-Schulklasse ist dann die neue zweite Klasse und die Kinder aus KG2 werden dann Grundschüler der neuen ersten Klasse. Anfragen für einen Platz in der Schule gibt es jetzt schon reichlich (zumal es mit dem Betrieb der Rainbow-Schule Schwierigkeiten zu geben scheint).
Was bis Januar jetzt noch erledigt werden muss, ist u.a. die Einstellung einer "Beiköchin", denn dann wird die Essenszubereitung für eine Person einfach zu viel. Und ein weiterer Lehrer wird benötigt. Bei allen dafür notwendigen Geldern ist es doch auch wieder Hilfe zur Selbsthilfe: Arbeitsplätze werden geschaffen, Familien können ernährt werden.
Es gäbe noch viel zu berichten wie z.B. von den Schlangen, die bei der Feuchtigkeit jetzt häufiger gesichtet werden, von den vielen Moskitos in den stehenden Pfützen, die schon jetzt auf eine ansteigende Malariagefahr hinweisen… aber Diani liegt eben in Kenia, und Kenia in Afrika. Und wir sind "Muzungus - Weiße" aus Europa, und haben EHEC und Wildschweine im Vorgarten. Der ganz normale Wahnsinn eben, hüben wie drüben.
Noch sind wir etwas atemlos von den Ereignissen. Vielleicht geht es Ihnen ähnlich. Nutzen wir die grauen dunklen Tage bis Weihnachten, halten inne, versuchen, das Gute zu bewahren und das Schlechte zu vergessen.
Legen Sie sich diesen Brief unter den Weihnachtsbaum. Er sei Ihr Geschenk an sich selbst. Möge die Freude, die Sie anderen geschenkt haben, reichlich in Ihr eigenes Herz zurückfließen!!
Gesegnete Weihnachten und ein neues Jahr voller Zuversicht und Vertrauen für uns alle, schwarz oder weiß. Für uns alle gemeinsam! Auf ein "Wiedersehen"
Ihr KiD-Team
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- Die Essens-Pausen mussten die Kinder
unter dem Vordach der Unterrichtsräume verbringen...
- ...es hat wie aus Eimern
geregnet.
- Der Gelände-Lageplan vom
KiD-Grundstück mit allen Gebäuden. Links, rot eingerahmt, das neue
KiD-Schulgebäude.
- Bild
vergrößern? Bitte hier klicken.
- Hier steht bald das Schulhaus, Joshua
und ein Teil der Kinder.
- Die ersten Arbeiten für das neue
KiD-Schulgebäude.
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